MUMON-KAI VERLAG
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Zen-Meister Lin-chi I-hsüan / Rinzai Gigen (gest. 866):

"Rinzai bei der Arbeit" - humorvolle Tusche von Sengai

Lin-chi I-hsüan

(chinesisch 臨濟義玄, Pinyin Línjì Yìxuán; jap. Rinzai Gigen; gest. 866)

ist der Begründer der nach ihm benannten Schule Linji zong (臨濟宗Línjì zōng, Lin-chi tsung), des Meditationsbuddhismus (Chan) im Kaiserreich China, die in der Folge auch in Korea, Japan und Vietnam Fuß fasst.

Am bekanntesten ist die japanische Rinzai-shū, die einen Zweig des japanischen Zen-Buddhismus darstellt.

 

Linji war als junger Mönch in der Huayan-Tradition ein eifriger Studierender der buddhistischen Regeln und Lehrschriften.

Eines Tages soll er alle seine schriftlichen Unterlagen verbrannt haben, um ein Mönch der Ch'an Schule zu werden, deren Belehrungen 'außerhalb der Schriften' übermittelt wurden.

So wurde er Schüler von Huang-po sowie dessen Dharma-Nachfolger und erhielt seinen Namen vom Linji-Tempel in Hebei (geographische Lage) , in dem er ab 851, also zur Zeit der großen Buddhistenverfolgung(ab 845), wirkte.

 

Einige seiner wichtigsten Dharma-Vorträge, Unterweisungen und Dialoge wurden von seinen Schülern im Linji Lu (jap. Rinzai Roku) überliefert.

 

Quelle: Wikipedia

Neuerscheinung:

Rinzai Roku - Das Zen von Meister Rinzai

3., überarbeitete Ausgabe, 174 Seiten, gebunden mit Lesebändchen,  25,- €

aus dem Vorwort:

 

Vorwarnung


Das Buch, das Sie gerade in der Hand halten, vielleicht kaufen und lesen möchten, eignet sich bestenfalls als Klopapier, wenn Sie die Absicht haben, es wie jedes andere intellektuell zu konsumieren.
Egal, ob Sie es vom literarischen, philosophischen oder wissenschaftlichen Gesichtspunkt aus betrachten, es wird sich Ihnen, wenn Sie ehrlich bleiben, nicht erschließen.

Wollen Sie sich jedoch in meditativen Kreisen nicht blamieren, so werden Sie einfach ›etwas‹ daraus machen, um den ›Anschein zu erwecken‹, Sie hätten es verstanden.
Möchten Sie Ihr Spiel fortsetzen, sich und andere weiter zu betrügen und zu versuchen, auf die bisherige ›stinknormale Weise‹ glücklich zu sein? Wenn ja, dann schließen Sie dieses kleine Buch für immer.

Noch eine letzte Bitte: Stellen Sie es nicht zurück in das reichhaltige Sortiment esoterischer Literatur. Es ist dort falsch eingeordnet worden. Lassen Sie es am besten einfach hier liegen. Bleiben Sie spirituell seriös, intellektuell aktiv oder orientieren Sie sich alternativ, new-age-inspiriert, per Horoskop, was das Wassermannzeitalter alles für Sie bereithält. Vielleicht besuchen Sie auch noch ein Intensivseminar, lassen sich von einem erleuchtungsblitzartig selbsterfahrenen Selbsterfahrungshelfer sensitiv polarisieren und tanzen energetisch mobilisiert mit ihm nun voll orientiert direkt ins Nirvāna.


Dazu Rinzai wörtlich:
»Ihr macht nichts anderes, als auf die Spitze eures Wahngebildes vom Leben noch weitere Einbildungen draufzusetzen. So verläuft euer Lebensweg in der genormten Welt des Scheins, nicht des Seins.
Was immer ihr in dieser Welt zu erreichen sucht, ihr handelt mit dem Geist eines tollwütigen Fuchses und erreicht nichts als ein leidenschaffendes Durcheinander. Es entspricht nicht eurer wahren Natur.«


›Begreift doch einfach‹, wenn ihr es mich hinzufügen lassen, ›durch reines Betrachten eures Tuns und Nichttuns in jedem Augenblick, dass ihr in Wirklichkeit, im lebendigen Dasein, nichts anderes seid als die jeweilige Verkörperung dessen, was ihr gerade tut und nicht tut.
Hört doch auf mit der Gedankenakrobatik, Wortzauberei und den kostümierten Verstellungszwängen. All diese Spiegelfechtereien des Ego gleichen den Aktionen eines Filmhelden auf der Kinoleinwand, der ihr glaubt zu sein, während ihr im Parkett oder in der Loge sitzt und eure Kinokarte vor Aufregung in der Hand zerknüllt.‹

Wer wirklich seine wahre Natur, sich selbst, kennenlernen möchte, muss sich bedingungslos dem Wirken des Seins stellen.
»Wie soll ich das machen?«, fragen Sie.
Es ist nicht leicht.
Zuerst suchen Sie sich einen echten Zen-Meister. Nicht diesen »im Stile des Zen« oder gar jene Zen-Attrappe, die mit Ihnen auch noch Eucharistie feiern möchte.
Dann legen Sie dieses kleine Buch vorerst unter Ihr Sitzkissen und üben für einige Jahre, vom Meister kontrolliert, nur Zazen.
Dabei wird irgendwann, wenn Sie sich nicht vorzeitig durch Ihr Ego überreden lassen, die Übung abzubrechen, aus dem selbstgeschaffenen Durcheinander Ihres Lebens vorsichtig und zaghaft ein echtes Menschlein hervorkrabbeln. An dieses wendet sich Rinzai von Herz zu Herz. Nicht jenes Herz ist gemeint, das uns sagen ließe: »Ach, wie niedlich«, sondern jenes, das schweigt, weil es keine Worte kennt, das nicht unterscheidet, weil es nicht denkt, und das versteht, weil es sich in allem wiederfindet. Um ein solches Verstehen geht es Rinzai. So versuchte er damals seine Mönche, und so versucht er heute uns, wenn wir dieses kleine Buch recht verstehen, damit vertraut zu machen.

Nur sehr wenige Menschen verstehen es plötzlich. Auch ich gehörte nicht dazu. Es gab und gibt jedoch einige Menschen, die sich auf den Weg der Erkenntnis, auf den Weg des Zen, auf den Buddha-Weg machen. Sie lernen loszulassen, woran sie sich wie zwanghaft immer wieder klammern, und öffnen sich dementsprechend der Erkenntnis, dass es nichts festzuhalten, nichts zu suchen, ja nicht einmal etwas Besonderes zu erkennen gibt.
Das Leiden in der Welt liegt nicht daran, dass zu wenig gebetet oder Zazen geübt wird, nicht genügend Bemühungen vollzogen werden, um Gottes Gnade teilhaftig zu werden oder um Buddha nachzueifern.
Das Leiden dieser Welt liegt darin begründet, dass Menschen Dinge tun, die sie nicht begreifen, deren Bedeutung sie sich eines Tages haben einreden lassen.
In einem klärenden Bemühen hat Rinzai für Suchende und Weggefährten bis zum Jahr 866 gelebt und gewirkt.
Auch heute lebt er noch – in seinen aufrichtigen Schülern der Rinzai-Zen-Schule.
In diesem Geist wage ich die Übertragung der ›Aussprüche und Handlungen‹ meines Altmeisters Rinzai in ein ganz unliterarisches Deutsch. Unverschämter Weise füge ich auch noch den Untertitel ›Sitzkissenbuch‹ hinzu. Er soll den Leser vorwarnen, dass er sich das Verstehen dieses Buches ›ersitzen‹ muss.
Die Übung des Zazen ist die radikale Beseitigung jeglicher Vorstellungen und Glaubensinhalte. Sie will zum Erwachen führen, will befreien von unseren Systemen, Begriffen, Werturteilen, Vorsätzen, Absichten, Bildern und Vorstellungen, die wir hüten und mit uns herumtragen.
Zazen, die Rückkehr zur Quelle, zum leeren Geist, fordert Wachheit, die Bereitschaft loszulassen und ein Weitergehen des Befreiungsweges, ohne sich umzudrehen oder zu denken.
»Durch das Denken«, so Rinzai, »trennen sich eure Handlungen von eurer Ursprungsnatur. Denkt ihr nicht, so seid ihr im Einklang mit der Buddha-Natur, seid frei.«

Mögen die ›Aussprüche und Handlungen Rinzais‹ für das sich immer neu rekrutierende Heer der lasziven Pseudo-Spiritualisten zur Flamme werden, auf der sie meditativ garen.
Mögen sie ehrlichen Wahrheitssuchern den Kopf zerbrechen, damit sie mit dem Bauch finden können.
Mögen sie meinen Weggefährten und Zen-Schülern zeigen, wie viele Gehirnfurze sie noch ablassen müssen, um nicht über dem Sitzkissen zu schweben.
Mögen sie mich stets mahnen, Rinzais Zen niemals dem Zeitgeist auszuliefern.


Sōtetsu Yūzen
(im Winter des Jahres 1987)

 

 

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